28. November 2016

Freimaurerei International

Über den eigentlichen Ursprung der Freimaurerei gibt es eine Reihe von Thesen. Der gängigsten Theorie nach ist der Freimaurerbund aus der Bruderschaft der Steinmetzen und deren Bauhütten hervorgegangen. Anfangs waren die zunftmäßig organisierten Handwerker mit den Klöstern, namentlich denen der Benediktiner, eng verbunden (etwa 9. Jahrhundert), machten sich aber später unabhängig und schlossen sich dem Bund deutscher Steinmetzen unter der Leitung von vier Haupthütten an, unter denen die Straßburger Hütte eine herausragende Stellung einnahm. Im 11., 12. und 13. Jahrhundert prosperierten die Steinmetzbruderschaften in ganz Europa. Da auch hier jedoch Lesen und Schreiben ein Gut von Wenigen war, wurden ihr Wissen, ihre Bräuche und Gesetze mündlich überliefert. Die Tradition der Passwörter, Erkennungszeichen (Handschenk) und vieler Symbole stammt aus dieser Zeit und ist noch heute in der Freimaurerei lebendig. Die vorhandenen Steinmetzordnungen im deutschsprachigen Raum – die älteste stammt aus dem Jahr 1459 – deuten bereits auf einen über ganz Deutschland und die Schweiz verzweigten Bund hin. Die Bruderschaft wurde durch eine gemeinsame, 1498 von Kaiser Maximilian sanktionierte Gesetzgebung zusammengehalten.

An der Spitze der Steinmetzbruderschaften stand ein gewählter Vorsteher, der Stuhlmeister, welcher in jedem Jahr neu gewählt wurde und alle Streitigkeiten schlichtete. Die übrigen Brüder waren gleichberechtigt. Der Geselle war verpflichtet, den Lehrling in seiner Kunst zu unterrichten. Jeden Monat fand eine Versammlung statt, bei welcher alle Angelegenheiten beraten und Gericht gehalten wurde.

Allmählich verfielen die Bauhütten mit abnehmenden Aufträgen für den Bau von Sakralgebäuden und wurden 1731 zwangsweise aufgelöst. Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts schlossen sich in England auch gelehrte Laien (angenommene Maurer, engl.: ‚accepted masons‘) den Logen an. Ausschlaggebend für die Aufnahme waren nicht Geburt und Stand, sondern die individuelle Eignung. Der Adel und das Bürgertum begegneten einander auf gleicher Ebene, damit trug die Freimaurerei zum Abbau der Unterschiede bei.

Die erste Erwähnung einer solchen Aufnahme ist im Protokoll der Loge Mary’s Chapel von Edinburgh im Jänner des Jahres 1600 zu finden. John Boswell of Auchinleck wird hier als „non operative mason“ erwähnt.

Diese neuen Einflüsse wirkten als Umgestaltung der alten Bruderschaft, insbesondere zu der Zeit, als die Paulskirche zu London gebaut wurde. Nach ihrer Vollendung schmolz die Zahl der Logen in Südengland bis auf wenige zusammen. Die übrig gebliebenen Mitglieder, zum großen Teil angenommene Maurer, sahen sich veranlasst, die Verbindung zu erhalten, da sie den geistigen Gehalt der Logenarbeit erkannten. Die Philosophie der Aufklärung hatte Ideen gezeitigt, die zur humanitären Ethik der Bauhütten passten und diese beeinflusste. Zu diesem Zeitpunkt begann sich die Werkmaurerei in spekulative Maurerei umzuwandeln.

Aus diesem Grund vereinigten sich vier alte Werkmaurerlogen in London und Westminster 1717 zur ersten Großloge von England. Sie versammelten sich zur Wahl eines Großmeisters (sayer) und zu einer Neugestaltung in Kultus und Verfassung unter der Leitung des Predigers James Anderson, des Naturforschers John Theophilus Desaguliers und des Altertumsforschers George Payne. Man behielt den Namen ‚Freimaurer‘ bei, ebenso das Wappen der alten Masons und die geheimen Zeichen, Worte und Griffe.

Anderson verfasste mit den Alten Pflichten 1723 die erste freimaurerische Konstitution. Die Alten Pflichten regeln das Verhältnis der Logenmitglieder untereinander und zu ihrer nicht maurerischen Umgebung, ferner die Verhältnisse zu Religion und Politik. Er fügte hinzu, dass Frauen – in England – keinen Zutritt zur Freimaurerei haben sollten. Die Schaffung dieser Konstitution und der gleichzeitige Anspruch, Logen nur dann als Freimaurerlogen anzuerkennen, wenn sie die Regeln dieser Konstitution befolgen, sorgte allgemein für Proteste alter Logen, vor allem von denen in York und Schottland.

Die schnelle Ausbreitung der Freimaurerei rief bald vonseiten der katholischen Kirche wie des Staats Kritik und zahlreiche Verbote hervor. So war die Maurerei in Neapel 1731, in Polen 1734, in Holland 1735, in Frankreich 1737, in Genf, in Hamburg, in Schweden und von Kaiser Karl VI. in den österreichischen Niederlanden 1738 sowie in Florenz 1739 untersagt. Am konsequentesten ging die Inquisition gegen die Freimaurer in Spanien und Portugal vor. Den schon 1738 von Papst Clemens XII. erlassenen Bannfluch gegen die Freimaurer (Päpstliche Bulle In eminenti apostolatus specula) erneuerten Benedikt XIV. mit seiner Bulle Providas romanorum (1751), Pius VII. mit Ecclesiam a Jesu Christo (1821) und Leo XIII. in diversen Enzykliken.

In Frankreich entstand am 24. Mai 1773 mithilfe des Herzogs von Montmorency-Luxembourg die Grande Loge Nationale, heute Grand Orient de France (GOdF). Er schuf eine Verfassung, deren Prinzipien sich in den Errungenschaften der Französischen Revolution wiederfanden. In einem Rundschreiben des GOdF 1775 fand man die Worte ‚Das Gesetz ist der Ausdruck des Willens der Allgemeinheit!‘, die später in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte niedergeschrieben wurden. Man sprach stolz von den ‚Bürgern der Freimaurer-Demokratie‘.

In Le Pecq wurde die Männerloge Les Libres Penseurs von der Grande Loge Symbolique Ecossaise de France unabhängig und fasste den außergewöhnlichen Beschluss, künftig auch Frauen als Mitglieder aufzunehmen. Am 14. Januar 1882 wurde Maria Deraismes eingeweiht. Nach heftigen Protesten führte dies allerdings zur Schließung der Loge. So beschlossen George Martin und Maria Deraismes, die erste Loge der Welt zu gründen, die sowohl Männer als auch Frauen als Mitglieder akzeptierte. Am 14. März 1893 wurden 16 Frauen eingeweiht. Die gemischtgeschlechtliche Freimaurerei und die Obödienz Internationaler Orden der Co-Freimaurerei für Männer und Frauen (Ordre Maçonique Mixte International ‚Le Droit Humain‘) wurde schließlich am 4. April 1893 gegründet.